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1. Kolumne Aargauer Zeitung: Und wie hoch tragen Sie Ihre Socken?

27.11.2019 21:58

Drei andere Aargauer Athleten (Oliver Hegi - Kunstturnen, Ciril Grossklaus - Judo, Michelle Heimberg - Wasserspringen) und ich schreiben wöchentliche Kolumnen in der Aargauer Zeitung über unseren Weg Richtung Tokio 2020. Im Folgenden meine erste Kolumne:

Haben Sie sich schon jemals Gedanken darüber gemacht, welche Sockenlänge Sie ­tragen? Bestimmt haben Sie sich schon bewusst für Kurze oder Lange entschieden. Doch, dass diese genau 183 Millimeter lang sein müssen, ginge wohl ein Schritt zu weit.
Bahnradsport ist alles andere, als nur im Kreis herumfahren. Wie in der Leichtathletik, gibt es auch hier Sprint- und Ausdauerdisziplinen. Für die Olympischen Spiele möchten wir uns in der Disziplin ­Madison qualifizieren. Eine Ausdauerdisziplin, ein ­Massenstartrennen. In diesem ist man als Team zu zweit unterwegs und schickt seinen Partner per Hand über eine Schleuderablösung ins Rennen.
Für die Olympiaqualifikation zählen zwei Saisons (2018/2019 und 2019/2020). Unsere Hauptsaison ist im Winter. Wir sind also im Moment mitten
in der zweiten Qualifikationsphase. Das Verfahren verläuft kompliziert über Weltrang­listenpunkte. Anfang März 2020, am Ende der Bahn­saison, sollten wir aber wissen, ob wir als Team einen Quotenplatz ergattern konnten. Bis zu den Sommerspielen geht es dann noch ans Eingemachte. Welche Fahrerinnen aus der Schweizer Nationalmannschaft werden für die ­Quotenplätze selektioniert?

Fast genauso kompliziert ist, wie gesagt, unsere Socken-­Wahl. Beim Bahnradsport ist Aerodynamik ein grosses Thema. Die Devise lautet, Stoff ist schneller als Haut.
So würde es theoretisch Sinn machen, nicht nur unsere Arme, sondern auch noch die Beine mit dem aero­dynamischen Stoff zu be­decken. Dies würde aber in der knapp 30 Grad warmen Halle ziemlich heiss und erdrückend sein, zumal wir während der Rennen auch nicht trinken.
Wie für fast jedes Material, welches wir benutzen, gibt es auch bei den Socken ein Regelwerk. Nur die Hälfte des Unterschenkels darf mit dem Stoff bedeckt sein. Natürlich gibt es auch für dies ein Messgerät und wird im Zweifels-
fall genauestens überprüft.
Apropos Wärme: Obwohl wir uns viel in der Halle au­f­halten, ist der grösste Teil des Trainings dennoch draussen. Bahnrennen mögen explosiver und kürzer als Strassenrennen sein, trotzdem sind auch wir auf die langen Grundlageneinheiten angewiesen. Im Winter kann dies ein wenig garstig sein. Drei bis vier Stunden bei null Grad braucht ab und zu schon ein wenig Überwindung.
So bin ich nicht böse, für die nächsten Weltcups nach Neuseeland und Australien zu reisen. Natürlich werde ich dort den Sommer und die warmen Temperaturen ge­niessen. Viel wichtiger ist es aber, wieder entscheidende Punkte für die Olympia-­Qualifikation zu ergattern. Nachdem wir beim letzten Weltcup in Glasgow gestürzt sind und deshalb ein un­glückliches Resultat dabei herauskam, hoffen wir,
dass nicht nur die Socken schnell sind, sondern auch unsere Beine darunter. Ach ja, und damit die Socken auch an Ort und Stelle bleiben, sprayen wir Haarspray auf die rasierten Beine und kleben somit den aerodynamischen Stoff an seinen Platz. Und wie benutzen Sie Ihren Haarspray?

Weiterführende Links

   1. Kolumne Aargauer Zeitung

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